Lagepotenziale von Naturschutzgebieten Gestörtheit von Naturschutzgebieten anhand ihrer räumlichen Nähe zu anthropogen geprägten Strukturen

Mehrwert für die Planung:

Naturschutzgebiete können durch die Nähe von menschlichen Siedlungen und Straßen stark beeinträchtigt werden. Je näher ein Schutzgebiet an Straßen oder menschlichen Siedlungen liegt, desto stärker ist es gestört. Empfindliche Tierarten halten meist Abstand zu Menschen und Straßenlärm. Straßen emittieren zudem Schadstoffe und beeinflussen somit die Vegetationsausprägungen in Naturschutzgebieten. Naturschutzgebiete mit zwei Lagepotenzialen (Entfernungen zu Siedlungen und Straßen) sind in Deutschland relativ selten.

Hintergrund

Naturschutzgebiete sind grundlegende Elemente des Naturschutzes, da sie darauf abzielen, empfindliche Ökosysteme, seltene Arten und die biologische Vielfalt insgesamt zu erhalten. Dennoch gibt es erhebliche Unterschiede in ihrer Qualität und Funktion, da sie unterschiedlich stark von menschlichen Einflüssen gestört werden. Diese Unterschiede hängen von ihrer Lage, ihrer Größe und den Aktivitäten innerhalb und in der Nähe des Schutzgebietes ab.

Störungen in Naturschutzgebieten durch Nähe zu Siedlungen, Straßen und Industriegebieten
Naturschutzgebiete in der Nähe von menschlichen Siedlungen, Straßen oder Industrieanlagen sind besonders anfällig für eine Vielzahl von Störungen, die sich negativ auf die dort lebenden Arten und ihre Lebensräume auswirken. Diese Einflüsse können die ökologische Funktionalität der Gebiete erheblich beeinträchtigen.

Arten von Störungen

  • Lärmbelastung:
    • Quellen: Verkehrslärm von Straßen, Bahngleisen oder Industrieanlagen. Auch Freizeitaktivitäten wie Sportevents oder laute Besuchergruppen tragen dazu bei.
    • Auswirkungen:
      • Viele Tiere, insbesondere Vögel, reagieren empfindlich auf Lärm. Er stört ihre Kommunikation, etwa beim Brüten oder Warnen vor Gefahren.
      • Beispiel: Der Große Brachvogel hat Schwierigkeiten, seinen typischen Ruf in lauten Umgebungen zu verwenden, was seine Brutpartnerfindung erschwert
  • Lichtverschmutzung:
    • Quellen: Straßenlaternen, Gebäude, Industrieanlagen oder Werbeleuchten in der Nähe von Schutzgebieten.
    • Auswirkungen:
      • Licht verschiebt den Tag-Nacht-Rhythmus vieler Tiere und beeinflusst deren Verhalten.
      • Beispiel: Fledermäuse meiden beleuchtete Bereiche, wodurch ihre Jagdgebiete eingeschränkt werden. Zugvögel können durch künstliches Licht desorientiert werden.
  • Freizeitaktivitäten:
    • Quellen: Wanderer, Radfahrer, Jogger, Hundehalter und andere Besucher im Schutzgebiet.
    • Auswirkungen:
      • Die Anwesenheit von Menschen stört Tiere, die eine hohe Fluchtdistanz haben, wie z. B. Bodenbrüter oder Säugetiere.
      • Beispiel: Der Kiebitz verlässt bei Störungen seine Nester, was Eier und Küken schutzlos macht. Auch Wildtiere wie Rehe ziehen sich aus stark genutzten Gebieten zurück.
  • Chemische Einträge:
    • Quellen: Pestizide und Nährstoffe aus angrenzender Landwirtschaft, Abgase oder Abwässer aus Industrieanlagen.
    • Auswirkungen:
      • Verunreinigungen beeinträchtigen die Pflanzen- und Bodenfauna und führen zu Veränderungen der Ökosystemstruktur.
      • Beispiel: Feuchtgebiete nahe intensiver Landwirtschaft sind oft durch Nährstoffeintrag überdüngt, was Arten wie den Großen Feuerfalter verdrängt.
  • Fragmentierung durch Straßen und Siedlungen:
    • Quellen: Zerschneidung durch Verkehrswege, Bauprojekte oder städtische Ausbreitung.
    • Auswirkungen:
      • Tiere wie der Rotmilan oder der Schwarzstorch meiden Gebiete, die durch Straßen zerschnitten sind, da sie diese als Gefahren wahrnehmen.
      • Wanderkorridore für größere Säugetiere wie den Rothirsch werden unterbrochen, was genetische Isolation verursacht.

Die Nähe von Naturschutzgebieten zu Siedlungen und Straßen ist ein entscheidender Faktor für ihre Schutzqualität und sollte daher in der Planung und Beurteilung solcher Gebiete immer berücksichtigt werden. Diese Parameter beeinflussen maßgeblich den Grad der Störung und damit die ökologische Funktion des Schutzgebietes.

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